SEW AND THE CITY – EIN STREIFZUG DURCH NEW YORK

Text: Bernadette Lietzow

„I like my money where I can see it – hanging in my closet“.
Carrie Bradshaw, Master-Mind des „Sex and the City“-Kleeblatts und bekennende Fashionista hat einen entschiedenen Vorteil, was Inspiration für Styles und Looks betrifft: sie ist New Yorkerin und Kind einer Stadt, in der Mode schon lange großgeschrieben wird.

Designer wie Oscar de la Renta, Donna Karan, Ralph Lauren, Carolina Herrera oder Calvin Klein prägten und prägen den Ruf New Yorks als Modemetropole.
Die zweimal jährlich stattfindende Fashion Week zählt zu den bedeutendsten Modeveranstaltungen weltweit und lockt nicht nur Fachpublikum in die Stadt, die niemals schläft.

Seinen Ursprung hat das rege „FashionBusiness“ in der langen Tradition der in New York beheimateten Textilindustrie.
Im „Garment District“ mitten in Manhattan wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Grundstein für die amerikanische Bekleidungsindustrie gelegt. Auf verhältnismäßig kleinem Raum in Midtown, zwischen Chelsea und der berühmten 42nd Street, entstand ein Textilviertel mit Nähereien, Stoff- und Zubehörläden. Schneiderte man anfänglich, begünstigt durch den Siegeszug der Nähmaschine und befeuert durch den Bedarf an Uniformen für den Amerikanischen Bürgerkrieg der 1860er Jahre, Arbeits- und Dienstkleidung, so entwickelte sich zunehmend die

Nachfrage nach „ziviler“ industriell gefertigter und dadurch für breitere Schichten leistbarer Kleidung. Einwanderer, viele davon aus Süd- und Osteuropa, verhalfen den neuen Unternehmen mit ihrer Arbeitskraft zu schnellem Wachstum.

„Der Garment District in New York war einst einer der wenigen Bezirke der Stadt, wo die meisten, die bereit waren hart zu arbeiten, einen Job finden konnten. Die Frauen – und einige Männer – brauchten schnelle Hände, um die Näh- und Pressmaschinen zu bedienen, und die jüngeren Männer mussten starke Rücken haben, um die Karren zu schieben und die Kleidung an andere Läden zu liefern“, so der New Yorker Journalist C. J. Sullivan. Mit der Auslagerung der Produktion in Billiglohnländer und dem sprunghaften Ansteigen der Mieten Ende der 1970-er Jahre erlebte das Viertel einen Niedergang.

Seit der Jahrtausendwende jedoch wird versucht, an die Vergangenheit anzuknüpfen und Mode, wie das Geschäft dahinter im Bezirk wieder sichtbar zu machen. Entlang der 7th Avenue kann man am Fashion Walk of Fame von Stern zu Stern amerikanischen Modeschöpfern begegnen und sich im Kiosk neben der riesigen Skulptur eines Knopfes, durch den eine Nadel gesteckt ist, über Designer-Showrooms, Stoffläden und Veranstaltungen
informieren.

„I like my money where I can see it – hanging in my closet“.

Carrie Bradshaw

Ein ganz besonderes Erlebnis abseits ausgetretener Touristen-
pfade ist es, sich durch die Straßen von New Yorks „Garderobenschrank“ treiben zu lassen und neben den zahlreichen Modetempeln in die Welt von Samt und Seide, Lycra und Fancy-Prints einzutauchen. Nach wie vor existieren einige dieser kleinen Paradiese für Textiljunkies und (Hobby-)Schneider, in denen man sich zwischen Stoffballen verlieren und Großartiges finden kann.

Hat man sich in diesem geschichtsträchtigen Viertel so richtig in die bunt-anregende Welt des Gewebten, Bedruckten, des Geblümten und Gestreiften verliebt, so empfiehlt sich noch ein Abstecher in die Lower East Side, einem weiteren Hot Spot textiler Freuden im Südosten Manhattans.

Gestärkt mit dem legendären Pastrami-Sandwich bei „Katz‘s Delicatessen“, dem 1888 gegründeten, herrlich altmodischen Fresstempel auf der East Houston Street, lässt sich das Abenteuer, bestimmt ohne Magenknurren, fortsetzen.

Besonders typisch und pittoresk ist das Familienunternehmen „Zarin Fabrics“ in der Orchard Street, ein wunderschöner Showroom für Möbelstoffe aller Art, vom klassischen Bezugscord bis zu handbestickten belgischen Dekorstoffen.
Zusatzattraktion und eine kleine Reminiszenz an die alte, etwas schmuddelige Weltstadt bietet die Hintertreppe, über die man in Jeffs Reich gelangt.

Zarin Fabrics

Der langjährige und sehr hilfsbereite Verkäufer thront inmitten tausender Stoffrollen und Posamenten in einem wahren Schlaraffenland für Nähbegeisterte. „More Than Just A Fabric Store“, so der Leitsatz von „Zarin“ – und ja, eine Art Textil-Museum und zugleich Inspirationsquelle für eigene Kreationen ist nicht nur dieser Laden.
Auf ins Nadel- und Faden-Eldorado
New York!